Warum gehst du arbeiten?

Roger Lütolf

Warum stehst du jeden Morgen auf und gehst arbeiten? Wer diese Frage nicht beantworten kann, ist ein Kandidat für einen Jobwechsel. Schuld daran ist das Unternehmen. Warum? Deshalb:
Viele Firmen stellen neue Mitarbeitende hauptsächlich aufgrund ihrer Qualifikationen ein. Alter und Geschlecht spielen oft inoffiziell eine Rolle. Stellenausschreibungen konzentrieren sich fast immer auf das «Was» – was die neue Person tun muss und was sie technisch mitbringen sollte. Das führt dazu, dass sich oft ein ähnlicher Typ Mensch bewirbt. Klar, das Technische sollte passen, jedoch müsste aus meiner Sicht viel mehr auf das Mindset geachtet werden. Passt die Person zu uns? Hat sie die richtige Einstellung? Entspricht sie unserer Employer Branding-Strategie? Steht sie hinter unserer Vision?
Technisches Wissen kann man lernen, aber eine Persönlichkeit zu ändern, ist nahezu unmöglich. Viele denken jetzt: „Ja, logisch, machen wir.“ Aber wie oft werden wirklich Quereinsteiger eingestellt, die das richtige Mindset haben? Zu selten. Oft fehlt der Mut – und wenn es mit der neu eingestellten Person nicht klappt, versteckt man sich hinter dessen Qualifikations-Angaben.
Zur Verteidigung der Firmen: Sie können sich oft nur an den Qualifikationen orientieren, weil das «Warum» im Unternehmen fehlt. Häufig gibt es keine klare Vision, wo das Unternehmen in der Zukunft stehen soll. Einige sagen jetzt bestimmt: „Wir haben eine Vision!“. Toll, aber wird auch wirklich danach gelebt und kennen die Mitarbeitende diese? Wird danach gehandelt, Mitarbeitende eingestellt und die Unternehmung danach ausgerichtet? Werden Ziele im Einklang mit der Vision gesetzt und verstehen das auch die Mitarbeitenden, Kunden und Partner? Oder ist es einfach ein Text irgendwo auf der Website? Jetzt bitte ehrlich sein!
Das «Warum» geht noch etwas tiefer als die Vision. Beim «Warum» geht es um Einstellung und Emotionen. Es geht um Glauben, Vertrauen und darum, dass es nicht nur ums Geldverdienen geht. Geld verdienen ist nur das Resultat daraus. Ein Unternehmen, das ein klares «Warum» definiert und lebt, wird einzigartig und unersetzbar, denn es differenziert sich nicht über seine Produkte oder Dienstleistungen, die austauschbar sind. Das «Warum» schafft Authentizität, Loyalität und Zufriedenheit. Glückliche Mitarbeitende garantieren glückliche Kunden und dann auch glückliche Geldgeber. In dieser Reihenfolge! Es ist erstaunlich, wie oft das umgekehrt angegangen wird und man dann überrascht ist, dass die Fluktuationsrate hoch ist.
Das «Warum» zu definieren und zu leben, braucht Zeit, Geduld und Durchhaltevermögen. Unternehmen müssen täglich daran arbeiten, es sichtbar machen, immer und überall. Das «Warum» ist das Vertrauen in die Firma. Es gibt das Gefühl der Zugehörigkeit – das Gefühl, dass die Firma von etwas anderem angetrieben wird als nur von Profit. Das ist innerhalb vom Employer Branding äusserst wichtig. Und genau daran scheitern viele Unternehmen, vor allem wenn das Management ständig ausgetauscht wird oder man nur auf Qualifikationen setzt, um schnell Umsatz zu machen. Kurzfristig mag das funktionieren, langfristig aber nicht.
Zwei Beispiele von bekannten Firmen mit einem klaren «Warum»:
- Apple: Kunden kaufen MacBooks, weil sie dazugehören wollen, weil Apple unkonventionell denkt – «think different», war lange ihre Markenbotschaft. Andere Anbieter mögen technisch überlegen sein, aber Apple verkauft Gefühle, nicht Gigabytes.
- Patagonia: Das Outdoor-Unternehmen engagiert sich stark für den Umweltschutz. Mitarbeitende arbeiten dort, weil sie sich mit dem «Warum» – den Heimplaneten retten – identifizieren. Und das seit Jahrzehnten, unabhängig davon, ob andere Firmen bessere Löhne bezahlen.
Ohne ein klares «Warum» bietet ein Arbeitgeber halt nur einen Job an. Und ein Job ist austauschbar, sobald ein anderer Arbeitgeber bessere Rahmenbedingungen bietet. Unternehmen müssen viel mehr auf das Mindset achten – dann spielt das Alter oder Geschlecht keine Rolle mehr. Ein 55-Jähriger kann noch mindestens zehn Jahre lang helfen, das «Warum» der Firma zu leben und die Firma mit seiner Erfahrung auf das nächste Level zu bringen. Viele Unternehmen scheitern jedoch an dieser Stelle und begründen Absagen mit „zu hohen Kosten“ oder „mangelnder Flexibilität“. Dies ist nicht nur falsch, sondern auch angesichts des Fachkräftemangels schwer nachvollziehbar.
Fazit: Mitarbeitende müssen verstehen, «Warum» sie jeden Morgen aufstehen und ihre begrenzte Lebenszeit in das Unternehmen investieren. Firmen müssen ihr «Warum» klar definieren. Alter oder Geschlecht spielen dabei definitiv keine Rolle – das zu glauben, wäre ein Denkfehler! People Make Marketing – spielt dieses grossartige Mindset richtig ein und ihr werdet Erfolg haben.
Wie immer bin ich gespannt auf deine Einschätzung: